Auf dem Dorf. Mitten in Leipzig.

5 Dez

Die Tagesordnung versprach die Langeweile pur.

1. Eröffnung und Begrüßung

2. Bestätigung der Tagesordnung

3. Gelegenheit für Einwohneranfragen

4. Sonstiges

Nicht wirklich etwas, was einen vom Hocker reißt. Als neue Elternsprecherin einer im Stadtbezirk befindlichen Grundschule – und interessierte Journalistin – habe ich mich dann dennoch auf den Weg zum Stadtbezirksbeirat Nordost (SBB) in Leipzig gemacht. Und wurde mit viel Amusement belohnt.

Unter „Sonstiges“ ging es ums vorübergehende Asylbewerberheim im ehemaligen Fechner-Gymnasium in Leipzig-Schönefeld. Oder besser: Um die Kommunikation der Einrichtung desselbigen. Die Vorsitzende des Stadtbezirksbeirats, Christel Biermeier, zeigte sich sichtlich verärgert darüber, dass sie dem Beigeordneten für Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule, Thomas Fabian (SPD), zwar schriftlich Fragen stellte, darauf aber bisher keine Antwort bekam. Ein Beiratsmitglied der Linken meinte daraufhin, dass er zur entsprechenden Informationsveranstaltung, zu der die Stadt geladen hatte, trotz SBB-Ausweises nicht hineingelassen wurde. Das müsse dem zuständigen Beigeordneten Fabian mitgeteilt werden. Die Informationspolitik der Stadt sei eine Katastrophe. „Wir können jetzt darüber diskutieren, aber was bringt das? Ändern wird sich nichts“, so Falk Dossin (CDU). „Das ist schade um Papier und Tinte.“ Schließlich wisse er, wie die Verwaltung arbeitet. „Wenn das Büro für Ratsangelegenheiten die Veranstaltung organisiert hätte, könnten wir was machen“, meint er. Geradezu skurril wurde es dann, als es um eine angemeldete Demo der NPD am nächsten Sonnabend ging. Während Anne Draheim (Linke) sich noch fragte, ob eine entsprechende Anmeldung schon genehmigt sei, diskutierte der Rest grundsätzliche Fragen. „Die Bürger in Schönefeld wollen die NPD nicht, also darf die Stadt diese Demo auch nicht genehmigen“, meinte etwa Steffi Reuther (Linke). Nun ist nur leider die Zeit nicht stehen geblieben, hat heutzutage – anders als vor 1989 – nahezu jeder das Recht auf Versammlungsfreiheit. Blöde Tücke der Demokratie aber auch. Karsten Tran (SPD) wetterte dann noch gegen Stadtrat Ansbert Maciejewski (CDU). Dass der ständig von allem Bilder via Facebook öffentlich mache, ginge gar nicht.

Nach endloser Diskussion hat man sich dann doch dazu entschlossen, zum nächsten – spontanen – Tagesordnungspunkt überzugehen: der schlechte Zustand zweier Schulen im Stadtbezirk. Im Wesentlichen ging es dabei um das Berufsschulzentrum in der Wodanstraße, das dem Vernehmen nach stark sanierungsbedürftig  und vom Schimmel befallen ist. Rund 40.000 Euro seien für Schimmelbekämpfungsmaßnahmen von der Stadt veranschlagt worden. „Rausgeschmissenes Geld“ für Dossin. „Wir sollten das lieber nehmen, damit der neue Standort besser wird“, meint er. Das war dann für einige doch zu viel. Schließlich müssten die Schüler dann noch neun Monate unter diesen Bedingungen lernen. „Die Gesundheit der Kinder lässt sich nicht aufrechnen“, so Biermeier. Anne Draheim betonte dann noch einmal ihren – bereits zuvor geäußerten – Standpunkt, ein vom Stadtrat in der nächsten Sitzung zu beschließendes Gymnasium in der Schönefelder Gorkistraße abzulehnen. Für das Geld könne schließlich viel in der Ostvorstadt gemacht werden.

Am Rande der Sitzung postete Stadtrat Ansbert Maciejewski dann: „Fragt mal Bernd OthmerKarsten Tran und Falk Do, warum der eigentlich öffentliche Stadtbezirksbeirat Nordost sich eingeschlossen hat? Gibt es etwas zu beraten, das die Öffentlichkeit nicht wissen darf? — hier: Rathaus Schönefeld“ bei Facebook. Öffentlich, versteht sich. Offensichtlich stand er vor einer verschlossenen Rathaustür. Karsten Tran hält das Handy zu Bernd Othmer (CDU) mit dem Kommentar: „Genau das meine ich. Der dreht doch voll am Rad.“

Manchmal ist es eben doch schön auf dem Dorf. Mitten in Leipzig.

2 Antworten to “Auf dem Dorf. Mitten in Leipzig.”

  1. Karsten Tran 5. Dezember 2013 um 16:58 #

    Sehr geehrte Frau Polenz, ich freue mich sehr das Sie hier so aktiv mitwirken, jedoch möchte ich folgendes in Ihrem Bericht richtig stellen. Es ging hier nicht um “ Bilder“, dieses Wort nutzte ich nie, sondern Vorlagen und Anfragen. Dieses erwähnte ich im Zusammenhang und als Beispiel, dass es schwierig sei, ein explosives Thema ohne das etwas in die Öffentlichkeit gerät zu besprechen. Gerade dies finde ich persönlich jedoch total wichtig, da zur Ideenfindung und Verwerfung derselbigen mehr als einen Tag benötigt werden könnte. In dem Zusammenhang würde ein Weitergeben der Idee, welche am nächsten Tage keinen Bestand mehr hat, bei anderen vielleicht Panik auslösen, wohlgleich die Idee durch einen Wahlkampf orientierten Kommunalpolitiker so sehr verstärkt wird, das der Volkeszorn hoch kocht, für eine verpuffte Idee. Auch vergaßen Sie zu erwähnen, das ich mich bei den dort von Ihnen genannten Personen für diesen Gefühlsausbruch entschuldigte, in dem ich, wie Sie schon so wörtlich mich zitierten den zweiten Schritt vor dem ersten beging. Ich möchte hier betonen, das nicht das hohle Geschwätz, sondern Taten zählen, auch im Wahlkampf. Volksnähe wird nicht hergestellt durch Panikmache, dies hat zwar zum Ergebnis, das einen jeder kennt, jedoch nur Negativ als den „Panikmacher“. Gleichfalls möchte ich die Arbeit die Ihr Freund im Stadtrat tätigt nicht für so schlecht betrachten, auch schätze ich Ihn als Mensch sehr, seine Art Wahlkampf zu betreiben weniger.
    Karsten Tran

    • Ansbert Maciejewski 6. Dezember 2013 um 12:55 #

      Nun ist es also schon Wahlkampf, wenn man Vorlagen und Anfragen, die ohnehin öffentlich sind und keiner Geheimhaltung unterliegen, per Facebook weiterverbreitet. Und der Bote ist schuld. prima. Um es noch mal klar zu sagen: der Verfasser einer Nachricht ist für die Folgen verantwortlich, nicht der Überbringer.Und: Politik ist eine öffentliche Veranstaltung. Auch dafür bin ich 1989 um den Ring gelaufen. Spannend finde ich, dass einem CDU-Stadtrat aus Schönefeld vorgenworfen wird, Wahlkampf zu machen, wenn er sich zu Vorgängen im eigenen Ortsteil äußert, die Aktivitäten nordsächsischer Nazis und Connewitzer Linksparteiaktivisten aber nicht kommentiert werden. Das ist wohl kein Wahlkampf, sondern nur Kindergeburtstag?

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